Gedanken über einen Nagel

Ich sitze im Zug und mache mir Gedanken über einen Nagel. Einen Nagel, den ich nun schon seit ein paar Wochen – seit dem letzten EXODUS – mit mir rumschleppe. Und dann frage ich mich – im  Zug sitzend und aus dem Fenster schauend, weil man da so wunderbar denken kann – ist das nicht schräg, einen Nagel mit sich herumzutragen? Irgendwie wohl schon.

Manchmal ist er einfach weg. Dann habe ich ihn vergessen. In der Jackentasche oder im Rucksack. Und ganz oft überrascht er mich, weil er einfach da ist. Wenn ich in meine Tasche greife. Oder etwas aus dem Rucksack hole. Und mich dann wundere, warum ich einen Nagel dabei habe. Er erinnert mich aber immer wieder an 2 Dinge. Daran, dass ich manchmal ganz schön gedankenlos mit anderen Menschen umgehe. Und daran, wie sich genau das anfühlt: wenn jemand gedankenlos mit mir umgeht. Das ist nicht nur schön. Aber oft ganz schön hilfreich, wenn ich mich frage, warum es so ist, wie es ist. Warum ich Dinge tue oder sage oder eben nicht. Warum das bei manchen Menschen häufiger passiert und bei anderen ganz selten. Warum ich manchmal einfach nichts dagegen tun will und manchmal auch nichts dagegen tun kann. Und warum es weh tut, manchmal den anderen, aber immer auch mir selbst.

Den Nagel darf ich wieder abgeben. Beim nächsten EXODUS an Palmsonntag. Ich freue mich darauf, ihn loszuwerden. Ihn ins Kreuz zu schlagen. Einem anderen zu überlassen. Aber ich merke auch, dass mir etwas fehlen wird. Etwas, das mich erinnert. Das mich wach macht. Das mich denken lässt, an andere und auch an mich selbst. An das, was ich tue und an das, was ich sein lasse. An diese Fastenzeit, die voll ist von Gedanken, Zweifeln und Fragen. An diese Fastenzeit, in der ich einen Nagel mit mir herum geschleppt habe, immer in der Hoffnung, dass bald endlich Ostern ist.