Ein EXODUS-Gottesdienst von Weihnachten

Erstellt am: 28. Dez 2018 von Maren
Kategorie(n): Atmosphäre | Weihnachtskalender

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Eine Weihnachts-Predigt von Anna-Lena

 

Es ist Winter.

Schnee umhüllt die Erde.

Leider nicht bei uns,

aber am Nordpol und sicher auch in anderen Ecken der Welt.

Und auch ich bin eingehüllt.

Eine Hülle nicht nur aus Jacke, Schal und Mütze.

365 Tage im Jahr.

Nicht nur im Winter.

Trage ich meine Hülle, meine Rüstung.

Schutz vor Kälte.

Und Schutz vor Verletzungen.

Ich hülle meine Verletztlichkeit ein, verstecke sie.

Gott zeigt sich verletztlich.

Ohne Hülle.

Ohne Rüstung.

Als kleines Baby.

Nur in Windeln gehüllt.

 

Verletztlich.

Verletzt.

 

Im Evangelium geht es heute um Verletzungen.

Körperliche Verletzungen.

Christenverfolgung.

Der Heilige Stephanus wurde verletzt.

Viele Menschen wurden verletzt.

Verletzt.

Umgebracht.

Viele Menschen werden verletzt.

Heute noch.

Deutschland 2018.

NSU-Prozesse, 9 Morde an Migrant*Innen, insgesamt 43 Mordversuche.

Hass und Gewalt in Chemnitz. Aber auch hier, vor meiner Haustür, in meiner Stadt.

Doch neben denen, die zuschauen,

gibt es auch die, die sich mit verletztlich machen,

Solidarität mit den Verletzten,

gemeinsame Stärke in der Verletztlichkeit.

So wie Gott sich für uns verletztlich zeigt,

nehmen auch sie Teil an der Verletzlichkeit.

Menschen wie du und ich.

In der Verletztlichkeit vereint.

Vereint in Stärke.

 

Mein Glaube gibt mir Mut zur Verletztlichkeit.

Zur Solidarität mit den Verletzten.

Und auch ich mache mich verletztlich,

wenn ich eine Kreuzkette tragen,

wenn ich mich als Katholikin oute.

Mein Glaube,

das ist etwas persönliches,

das Fundament meines Lebens,

die Begründung für das, was ich einkaufe, esse, anziehe, tue und lebe.

Es hängt zusammen mit meiner Vision von der Welt, mit meinen Träumen und Wünschen.

Und wenn ich das offen lege,

gebe ich Menschen die Möglichkeit mich zu verletzten,

meinen Glauben zu verletzten.

Mein Glaube macht verletztlich.

Und so paradox das klingen mag

der eigene Glaube kann auch etwas stärkendes sein.

Ich denke da an

eine demenzkranke Frau,

vieles gerät in Vergessenheit, sogar die Namen ihrer Kinder,

doch ihr Glaube, das Vater Unser, das Singen altbekannter Lieder geben ihr Kraft und Sicherheit.

Für Außenstehende vielleicht völlig unerklärlich und unverständlich.

Doch für mich etwas Herz berührendes.

Gott zeigt sich Verletzlich.

Er ist da – in dieser verletzten Welt.

Gott liebt mich in und mit meiner Verletzlichkeit.

Und dadurch kann ich lieben.

Liebe für mich und meine eigene Verletzlichkeit.

Liebe für all die Verletzten.

 

Ja, mein Glaube macht verletztlich.

Doch paradoxer Weise stärkt er mich auch.

 

Paradox ist das auch mit der Verletztlichkeit.

Verletzlichkeit heißt nicht,

Verletzungen seien schon in Sicht.

Ich lasse meine Hüllen fallen.

Ich mache mich verletztlich.

Das erste ausgesprochene „Ich liebe dich“-

Verletztung oder aber auch das größte Glück.

Die Bitte um Hilfe.

Verletzung oder die beste Lernbegleitung.

Bewerbungen, obwohl Absagen drohen.

Verletzung oder der neue Traumjob.

 

Wie schade,

dachte ich mir,

als meine Hüllen

für einen Moment lang verschwanden,

dass ich sie nicht öfter falllen

und meine Verletzlichkeit hervortreten lasse.

 

Ich lass meine Hüllen verschwinden,

denn wahre Stärke ist in der Verletzlichkeit zu finden.

Ich glaube, wenn unsere Hüllen und Mauern fallen,

kann unsere Welt eine andere sein.

 

Er wird verletzt.

Und ich frage mich,

wo werde ich verletzt?

Wer verletzt mich?

Und wen verletzte ich?

Er zeigt Verletzlichkeit.

Ich frage mich,

wo und bei wem zeige ich Verletzlichkeit?

Wo verstecken Menschen ihre Verletzlichkeit vor und wegen mir?

Und was macht mich verletzlich?

 

Feiern wir heute also das Leben, den Geburtstag Jesu.

Feiern wir die Verletzlichkeit als Teil des Menschgewordenen Gottes,

Verletzlichkeit als Teil unseres Lebens.

 

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