Ein EXODUS-Gottesdienst am Küchentisch

Erstellt am: 24. Okt 2017 von Maren
Kategorie(n): Blog

 

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Ein Gottesdienst vom Tisch decken und Waffeln essen.

Von Küchentisch-Momenten und der Herrlichkeit.

Von Geschichten von Mut und Scheitern.

 

Es war eindeutig ein Experiment, das wir an diesem EXODUS-Sonntag im Oktober gewagt haben. Ein Gottesdienst am Küchentisch. Und bei Experimenten – vor allem, wenn sie auf gut eingespielte katholische Gewohnheiten treffen – fallen als erstes immer die Dinge auf, die fehlen oder anders sind. Es gab keine typische Kirchenbestuhlung in Reihen. Es gab keinen Priester für eine klassische Eucharistiefeier. Es gab auch erst mal keinen gewohnten Ablauf, an dem man sich festhalten konnte – und bei dem man weiß, was als nächstes kommt. Das ist die eine Perspektive, aus der man so ein Experiment betrachten kann. Eine andere ist, auf das zu schauen, was alles da war: ein großer Küchentisch mit Platz für viele Menschen. Eine erstaunliche und wunderbar heilige Atmosphäre des Teilens und Miteinanders. Großartige Waffeln, liebevoll gebastelte Blumenbouquets, Menschen, Wünsche und Hoffnungen, die wichtig sind, Musik am Küchentisch. Und eine ganz eigene Form, einen EXODUS-Gottesdienst zu feiern.
Diese eigene Form mussten wir erst finden. Was uns im Vorfeld wichtig war: es sollte nicht einfach ein „Ersatz“ sein für eine klassische Eucharistiefeier, die nur durch das Auslassen von Hochgebet und Brotbrechen zu einem Gottesdienst wird, bei dem sonst alles ist wie immer. Nicht aus einem Mangel (an Priestern) heraus geboren, sondern weil es uns wichtig war, eine eigene Form zu haben. Eine Form, die für sich steht, die feierbar ist und dem entspricht, was EXODUS für uns ausmacht. Jede*r kann seine Gaben und Talente dabei einbringen, als Waffelbäcker*, als Blumenbinder*, als Vorbeter*, Prediger* oder Fotograf*. Und wir feiern in Gemeinschaft, miteinander an einem großen Tisch, an dem jede*r seinen und ihren Platz findet und an dem noch mehr Platz ist für das, was mitgebracht wird an Sorgen, Gedanken, Hoffnungen, Erinnerungen.

 

Ein großer Tisch mitten in einer Kirche ruft vor allem Irritation und Unsicherheit hervor. Man muss erst herausfinden, wie man daran einen Gottesdienst feiern kann. Erst letzte Woche habe ich gelernt, dass Irritation eine Grundvoraussetzung für Lernen ist, weil in stabilen Situationen und Routinen kein Raum zum Lernen gegeben ist. Und ich glaube, wir haben einiges in diesem Experiment gelernt. Allem voran das Zutrauen, dass wir eine Form finden können, die uns und EXODUS entspricht. Das Zutrauen darin, dass wir mit den uns geschenkten Gaben und Talenten einen Gottesdienst feiern können. Und das Vertrauen in Gott, dass er auch in geteilter Waffel-Gemeinschaft ganz da ist und mit uns feiert – egal ob am Küchentisch, in Stuhlreihen oder in einer gewandelten Hostie.

 

Vermutlich ist sie auch noch nicht fertig, diese Form des Gottesdienstes. Wir werden also weiter ausprobieren mit dem Format der Dinner Church. Und vielleicht ist es eine besonders schöne Form der Irritation, statt Weihrauchschwaden den Geruch frisch gebackener Waffeln in einer (evangelischen) Kirche zurückzulassen.

 

Fotos: Maria Herrmann

Ein Kommentar zu “Ein EXODUS-Gottesdienst am Küchentisch”

  • Das ist immer wieder so schön anzusehen – und erinnert an die Fotos von House for all sinners and saints. Da rührt sich immer wieder Sehnsucht und die Vision, dass das an vielen Orten auch so sein wird. Danke für die Experimente und den Mut.
    Simone

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